Unlust – was nun?

Unlust – was nun?

Eine Karte gezogen und BÄHM. Alles kommt plötzlich hervor, bricht aus, muss raus.

 

„Sei lustvoll“ steht auf der Karte. Zwei Wörter, die ins Schwarze treffen.

 

„Meine Frau möchte schon seit 10 Jahren keinen Sex mehr. Es gibt keine Erklärung und obwohl wir schon bei einer Beratung waren, bleibt dieses Thema tabu. Sie kann nichts dazu sagen. Ich weiß nicht, wohin mit mir, mit ihr, mit dieser Problematik und mit meiner Lust. Es gibt keine Lösung.“

Wenn sexuelles Verlangen nachlässt, sind die Ursachen vielfältig. Wissenschaftler bestätigen, dass sowohl körperliche als auch psychosoziale Faktoren dafür verantwortlich sein können. Ein Verlust der Libido zählt zu den sexuellen Funktionsstörungen. Etwas „funktioniert“ nicht mehr (so).

Ich behaupte:

Je bewusster Frauen in der zweiten Lebenshälfte mit sich selbst werden, desto mehr distanzieren sie sich von ihrer früheren, rein lustgesteuerten Sexualität. Dies ist ein natürlicher Prozess, der jede Partnerschaft und Sexualität zu einer erfüllenderen Version vervollkommnen kann. Aber das erfordert, dass beide Partner gemeinsam auf dieser Reise sind. Es braucht Offenheit, Loslassen, sich Einlassen und Neugier.

Frauen spüren diese energetischen Veränderungen oft intensiver. Viele machen jedoch weiter wie bisher, aus Angst, den Partner zu verlieren. Starke Frauen lassen sich nicht beirren, aber oft fehlen ihnen die Worte für das, was in ihnen vorgeht. So bleibt dieses Thema in vielen Partnerschaften unbesprochen und wird ausgeblendet.

Es fehlt an Aufklärung und Verständnis darüber, was es wirklich braucht, damit Sexualität zur Quelle der Freude und vollkommenen Verschmelzung werden kann.

 

Das „Phänomen der Unlust“ ist eine Chance, eine tief erfüllende Explosion und Verschmelzung zu erleben.

Wir Menschen sehnen uns nach Verschmelzung mit einem anderen. Diese Sehnsucht nach Einheit und Verbundenheit streben wir in Meditation, Yoga und anderen Methoden der Erleuchtung an. Es ist das Gefühl der Geborgenheit im Mutterleib, das wir später loslassen, um Freiheit und Selbstverwirklichung zu erfahren.

In der Partnerschaft kehrt diese Sehnsucht zurück. Wir begnügen uns erstmal mit dem eher oberflächlichen Zusammensein – gemeinsame Zukunftspläne, Kinder, ein Haus. Doch ab dem 42. Lebensjahr beginnt es oft zu bröckeln, besonders in der Sexualität. Frauen spüren, dass ihnen die tiefe Verschmelzung fehlt, das wirkliche Einlassen von beiden Seiten. Der Orgasmus allein befriedigt nicht, den etliche Frauen im reinen Geschlechtsverkehr ohnehin nie erlebt haben.

Viele Frauen stehen dann vor dem Dilemma: Weitermachen und durchhalten oder einen Schlussstrich ziehen und die Beziehung riskieren. Sie wissen nicht, was ihnen fehlt, was sie brauchen oder warum sie keine Lust empfinden. Bekannte Lösungsansätze sind männlich geprägt und greifen in der Regel zu kurz.

Auf den Punkt gebracht: Viele Frauen wissen nicht, was sie tun. Selbst mit 50 sind wir oft nicht aufgeklärt und haben keine Worte für das, was in uns passiert. Wir können immer noch schwer über Bedürfnisse und Verletzungen sprechen.

 

Sexualität ist zutiefst heilig. In einer Partnerschaft kann sie zur Energiequelle für beide werden.

Stell dir eine prächtige Tempelanlage auf einem Berg vor. Der Vorplatz lädt zum Verweilen und Staunen ein. Ein reich verzierter Tempel erhebt sich majestätisch. Ein mächtiges Tor gewährt uns nur einen flüchtigen Blick auf das, was sich dahinter verbirgt. Jeder Besucher wird hier still und andächtig.

Vorsichtig öffnen wir das Tor und treten sanft und leise ein. Die Größe, das Gold, die heilige Atmosphäre überwältigen uns. Die Zeit scheint stillzustehen. Wir wollen nichts stören, nur wahrnehmen, spüren, einatmen und ankommen. Alles wirkt wie in Zeitlupe. Wir bestaunen jedes Detail, lassen uns verzaubern, erfüllt von Demut und Liebe.

Immer tiefer dringen wir in den heiligen Bereich vor, bis wir an eine Absperrung gelangen. Wir setzen uns in die erste Reihe und warten. Manche Besucher werden unruhig, andere meditieren, beten und sind in sich gekehrt. Einige gehen, andere stürmen einfach über die Absperrung. Wir sind unsicher, beobachten das Treiben, sehen, wie erfüllt und erleuchtet manche zurückkehren, während andere stolz und überlegen herausmarschieren.

 

Und dann sind wir an der Reihe…

Vielleicht ahnst Du schon, was ich Dir mit diesem Beispiel erklären möchte.

Die weibliche Sexualität braucht genau das – Ehrfurcht, Loslassen, Einlassen.

Die weiblichen Geschlechtsorgane sind bis zu 80 % im Körperinneren. Ein heiliger Tempel also.

 

Und auch, wenn wir weder dieses mächtige Tor am Eingang, noch die Absperrung sehen, sie existieren.

Somit stehen wir am Tor zur heiligsten Kammer unserer eigenen Seele, der tiefsten Verbindung zu uns und unserem Partner. Wir zögern, fühlen die Schwere der Verantwortung und die Verheißung der wahren Nähe. Langsam öffnen wir das Tor, Schritt für Schritt betreten wir diesen Raum der Intimität und des Vertrauens.

Jeder Atemzug, jeder Herzschlag, jedes sanfte Berühren ist ein Schritt näher zu uns selbst und zueinander. In diesem heiligen Raum gibt es keine Eile, keine Erwartungen. Hier zählen nur die reinen, unverfälschten Empfindungen. Wir lassen die Masken fallen, entblößen unsere Seelen, unsere tiefsten Ängste und Sehnsüchte.

Wir spüren die Wärme, die uns durchströmt, die Verbindung, die uns durch alle Wellen des Lebens trägt. Es ist ein Tanz der Seelen, ein Verschmelzen von Energien, das weit über das Körperliche hinausgeht. Hier finden wir die wahre Bedeutung von Liebe und Hingabe.

Die Zeit verliert ihre Bedeutung. Es gibt nur das Hier und Jetzt, diesen heiligen Moment der Einheit. Wir sind nicht länger zwei getrennte Wesen, sondern eins, tief verbunden und erfüllt von einer Liebe, die alle Grenzen sprengt.

Und so sitzen wir da, still und in Ehrfurcht, erleben das Wunder der wahren Verschmelzung. Wir wissen, dass wir diesen heiligen Raum immer wieder betreten können, dass die Liebe und die tiefe Verbindung zu unserem Partner niemals enden müssen.

In diesen Momenten finden wir die Antworten auf unsere Fragen, die Heilung für unsere Wunden und die Erfüllung unserer tiefsten Sehnsüchte. Wir lernen, dass die wahre Stärke in der Verletzlichkeit liegt, dass wahre Erfüllung nur im bedingungslosen Einlassen auf den anderen zu finden ist.

Und so treten wir aus diesem heiligen Raum heraus, nicht mehr dieselben wie zuvor, sondern verändert, bereichert und tief berührt. Wir tragen die Erfahrung in unseren Herzen, bereit, sie in jeden Aspekt unseres Lebens zu integrieren und die wahre Schönheit der Liebe zu leben.

Lass Dich auf die Liebe ein.

Lass Dich auf Dich selbst ein.

Lass Dich auf die schönste Art der Verschmelzung ein.

Lass Dich fallen.

 

Herzliche Einladung tiefer zu forschen. 

Deine Martina und Michael
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